Computersimulation von Polymeren in Grenzschichten zur Verbundbildung
Die Verbundbildung erfolgt allgemein durch physikalische Wechselwirkungen an der Grenzfläche, durch Interdiffusionen und ggf. durch chemische Reaktionen in der Grenzschicht. Die Prozesse treten in unterschiedlichen Längen- und auch Zeitintervallen auf. Bei Verbundbildungen, die nur auf physikalischen Wechselwirkungen (van-der-Waals-Kräfte, Dipolmomente) beruhen, werden nur die äußersten Moleküle, Molekülgruppen bzw. Atome einbezogen.
Polymere bestehen oft aus langen linearen Ketten aus Einzelbausteinen, sogenannten Wiederholungseinheiten oder Monomeren. Die Ketten liegen geknäult vor, und ihre Größe wird durch einen Knäuelradius charakterisiert. Oberhalb der Glastemperatur sind die Segmente der Kette, und damit auch die Kette selbst mehr oder weniger beweglich, und können diffundieren. Hierauf beruht die Verbundbildung zwischen gleichen Kunststoffteilen, z.B. beim Mehrfarbenspritzgießen mit unterschiedlich gefärbtem Polystyrol. Da die Schmelzen aus demselben Polymer bestehen, sind sie thermodynamisch mischbar, und die Diffusionstiefe steigt kontinuierlich mit der Zeit. Allerdings ist die Zeit bei ausreichend hoher Temepratur sehr kurz. Modellrechnugnen ergaben, daß eine Temperatur in Höhe der Kontakttemperatur (Mittel der Temperaturen der beiden Komponenten) nur für ca. 1 µs zur Verfügung steht.
Zur Verbundbildung selbst tragen nur Diffusionen bis zur Tiefe eines Knäuelradius bei. Die Festigkeit des Verbundes ist stark, wenn sich die Ketten bei der Interdiffusion verschlaufen. Bei Diffusionstiefen über den Knäuelradius hinausgehen die Verbundeigenschaften in die des Grundmaterials über und die Kohäsion des Materials bestimmt die Festigkeit.
Meist wird jedoch eine Verbundbildung zwischen Polymeren mit stark unterschiedlichen Eigenschaften gewünscht, bei denen sich die Eigenschaften im Bauteil ergänzen. Diese sind dann thermodynamisch unmischbar. Trotzdem erfolgt eine begrenzte Interdiffusion. Die Diffusionstiefe im Gleichgewicht wurde von Helfand berechnet zu
Bei typischen Polymerkombinationen liegt sie bei ca. 3 nm, was in der Größenordnung der Länge der besonders beweglichen Knäuelsegmente liegt. Eine Verschlaufung erfolgt nicht. Eine Verbundbildung beruht im Wesentlichen auf physikalischen Wechselwirkungen der Molekülgruppen der Segmente, und die ist meist gering. Zur Kompatibilisierung werden Blockcopolymere mit Blöcken, die mit je einem Polymer mischbar sind, empfohlen. Es ist jedoch schwierig, diese in der Grenzschicht zu platzieren und eine ausreichende Diffusion der beiden Blöcke zu gewährleisten.
Hier setzt das grenzflächenreaktive Spritzgießen an. Es wird auf eine beliebige Weise dafür gesorgt, daß reaktive Gruppen in der Grenzschicht vorhanden sind. Beim Kontakt der beiden Polymere kommt es in der Grenzschicht zu einer chemischen Reaktion, die die Ketten beider Polymere verbindet und auf diese Weise Kompatibilisatoren im Prozeß und erzeugt und an der optimalen Stelle platziert. Die chakteristische Länge für diesen Prozeß liegt im Bereich eines Knäuelradius, und die charakteristische Zeit bei unter 1µs.
Mit Hilfe von Molekularsimulationen wird in der AG das Verhalten der Polymermoleküle, speziell das Reaktionsverhalten, in der Grenzschicht studiert. Dabei wird der Reaktionsmechanismus, die entstehenden Produkte und deren Wirkung auf die Verbundbildung untersucht. In der Literatur werden vor allem End-zu-End-Verknüpfungen von Polymeren behandelt. Diese spielen jedoch bei realen Polymeren kaum eine Rolle, da die Konzentration der reaktiven Gruppen für praktische Zwecke zu gering ist. Auch ist sie in der Realität größer. In der Praxis treten oft Einspaltungsreaktionen auf, bei denen jede Wiederholungseinheit reaktiv ist.
Für die Simulationen wurde das Bond-Fluktuations-Modell verwendet. Das verwendet ein grobes Modell der Polymere, wodurch sich große Moleküle und lange Zeiten untersuchen lassen. Schwerpunkt der Untersuchungen war der Vergleich unterschiedlicher Reaktionstypen in Bezug auf die entstehenden Produkte. Im Ergebnis bildeten sich bei