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Neue Prinzipien für den Einsatz von Polymeren in Sensorik und regenerativen Therapien

Die Preisträger: Dr. Sebastian Rauch und Judith Hahner

Auf seinem Jahresempfang am 16. April 2015 verleiht das Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e. V. (IPF) erneut Preise für herausragende Graduierungsarbeiten, die von jungen Wissenschaftlern am Institut angefertigt und an der Technischen Universität Dresden eingereicht und verteidigt wurden.

Den Doktorandenpreis des Vereins zur Förderung des IPF erhält Dr. Sebastian Rauch für seine Dissertation „Entwicklung von funktionellen Polymerbürsten mit modularen Eigenschaften“. In seiner von Professor Manfred Stamm (IPF und TU Dresden, Professur für Physikalische Chemie Polymerer Materialien) betreuten Arbeit präsentiert Sebastian Rauch ein neuartiges Prinzip zur Herstellung von komplexen funktionellen Polymerbürstensystemen. Als Polymerbürsten werden sehr dünne Schichten bezeichnet, in denen einzelne kettenförmige Polymermoleküle mit einem Kettenende permanent an Materialoberflächen aufgepfropft werden.
Auf diese Weise lassen sich gezielt funktionelle Oberflächeneigenschaften einstellen und über die Verwendung verschiedenartiger Polymermoleküle in einer Bürste sogar Empfindlichkeit gegenüber Umwelteinflüssen und Kontaktmedien erzielen, wodurch Polymerbürsten einen Erfolg ver­sprechenden Weg zu intelligenten Oberflächen (z.B. als Sensorsysteme) ebnen. Limitiert war die Anwendung der Methode, die weltweit stark beforscht wird, bisher bezüglich der Dicke der Schichten und der Pfropfdichte der Bürsten. Hier haben die Arbeiten von Sebastian Rauch einen entscheidenden Beitrag geleistet: Er entwickelte ein Baukastensystem von geeigneten Polymer­molekülen mit so genannter terminaler Click-Funktionalität, d.h. am Kettenende jedes einzelnen Bürstenmoleküls kann auf einfache Weise – quasi wie mit einem Klick – z.B. genau eine weitere Polymerkette angebunden werden. In den untersuchten Modellsystemen führte die so erzielte Kettenverlängerung zu verbesserten Schalteigenschaften, sowie erhöhter Temperatursensitivität des Polymerbürstensystems. Zusätzlich gelang es, mittels polymeranaloger Umsetzungen Farbstoffe oder Nanopartikel an die Kettenenden permanent anzubinden, was das erreichbare Eigenschaftsspektrum der Polymerbürsten nochmals erheblich erweitert. Das von Sebastian Rauch entwickelte Prinzip, das die Vorteile etablierter Methoden der Click-Chemie sowie der grafting-to-Pfropfung von Polymerbürsten vereint, besticht durch seine hohe Variabilität und ist für die Herstellung von komplexen Bürstensystemen zur gezielten Einstellung von Ober- und Grenz­flächeneigenschaften von außerordentlichem Nutzen.  

Fachlicher Direktkontakt Doktorandenpreis:
Prof. Dr. Manfred Stamm   
stamm@ipfdd.de       
Tel.: 0351 4658-224                                      

Dr. Sebastian Rauch          
rauch@ipfdd.de         
Tel.: 0351 4658-365    

Mit dem Professor-Franz-Brandstetter-Preiswird Judith Hahner ausgezeichnet. Gewürdigt wird mit dem Preis ihre von Professor Gert Heinrich (IPF und TU Dresden, Professur für Polymerwerkstoffe und Elastomertechnik) und Professor Chokri Cherif (TU Dresden, Professur für Textiltechnik) betreute Diplomarbeit „Ermittlung und Beurteilung entscheidender Einflussgrößen für die sticktechnische Gestaltung der ligamentären Strukturzone eines vorderen Kreuzbandes“. Die Arbeit von Judith Hahner ist Teil eines von der Deutschen For­schungs­gemeinschaft geförderten Projekts, das auf die Entwicklung  eines neuen, regenerativen Verfahrens für die Heilung von Kreuzband­verletzungen abzielt. Bei regenerativen Therapien geht es darum, körpereigene Regenerations- und Reparaturprozesse anzuregen und zu unterstützen und funktionsgestörte Zellen, Gewebe und Organe durch biologi­schen Ersatz, beispielsweise mit Hilfe gezüchteter Gewebe, wiederherzustellen. Therapieansatz ist, mit Zellen besiedelte Trägerstrukturen in den Organismus einzubringen, die in den geschädig­ten Bereichen für mechanische Stabilität sorgen, gute Bedingungen für ein schnelles Nach­wachsen körpereigener Zellen bieten und zudem parallel zum Zellwachstum und fortschreitenden Heilungsprozess vollständig vom Körper resorbiert werden. Entsprechend dieser Anforderungen sind für unterschiedliche Gewebe und Organe sehr spezielle Strukturen zu entwickeln. Für das vordere Kreuzband sind aufgrund der Funktion des Kniegelenks mechanische Eigenschaften und Belastbarkeit von besonderer Bedeutung, und diese zu ermitteln und in textile Strukturen umzusetzen stand deshalb im Fokus von Judith Hahners Diplomarbeit. Nach dem Vorbild von Kaninchen-Kreuzbändern entwickelte sie mit Hilfe der Sticktechnik eine geeignete synthetische Gerüststruktur, ein so genanntes Scaffold, aus chirurgischem Nahtmaterial. Ein dem Kaninchen-Kreuzband in seinem Kraft-Dehnungs-Verhalten ebenbürtiges und für die Zellbesiedlung geeignetes Scaffold konnte nach Optimierung von textilen Parametern wie Stich­länge, Stichwinkel und Stichlage hergestellt werden. Bis zu einer medizinischen Anwendung sind die Ergebnisse aus Judith Hahners Arbeit noch mit einer Vielzahl weiterer Erkenntnisse zu ergänzen, so u.a. mit Studien zur Materialauswahl und dem Materialverhalten unter in vitro Zellkulturbedingungen sowie der Erarbeitung einer Struktur für das Kreuzband beim Menschen.  

Fachlicher Direktkontakt Diplomandenpreis:
Prof. Dr. Gert Heinrich 
gheinrich@ipfdd.de   
Tel.: 0351 4658-361

16.04.2015

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