Der ForaSolv-Prozess zur Cr(VI)-freien Oberflächenvorbehandlung von Kunststoffen für die chemische Metallisierung
Metallisierte Kunststoffe begegnen uns ständig im Alltag, z.B. bei Kfz-Innen- und Außenteilen. Dort tragen sie durch die gehobene Ästhetik zu einer hohen Akzeptanz von Kunststoffen bei, was besonders im Fahrzeug, Flugzeug und in der Raumfahrt verstärkt zu Leichtbaulösungen führt. Die Metallschicht übt neben dem Designaspekt eine Schutzfunktion des Kunststoffs gegenüber Medien (Chemikalien, Strahlung) und mechanischer Belastung aus. Darüber hinaus finden metallisierte Produkte Einsatz in der Elektronik. Im Zuge des Einzugs der Elektromobilität werden zunehmend Produkte verlangt, die selbst nicht leiten, aber eine elektromagnetisch abschirmende Hülle aufweisen.
Ein kostengünstiges Verfahren ist die chemische Modifizierung und anschließende galvanische Abscheidung auf Kunststoffteilen. Dafür wird die Kunststoffoberfläche standardmäßig mit Chromschwefelsäure gebeizt (Dichromatverfahren). Diesem Beizen ist nur ein Blend aus Acrylnitril, Butadien und Polystyrol (ABS) zugänglich. ABS hat aber eine relativ geringe Wärmeformbeständigkeit (TG < 100°C). Das darin zu etwa 10 Vol% enthaltene Butadien wird beim Beizen herausgelöst. Aus dem Dichromat bilden sich dabei lösliche Chromsalze. Die inneren Oberflächen der entstehenden Mikrokavitäten werden oxidativ modifiziert. Die Größe und Form der Mikrokavitäten ist an die der Polybutadiendomänen im ABS gebunden. Problematisch ist, dass sich die Aktivität der Lösung mit der Zeit ändert, was zu Unter- oder Überbeizungen führen kann und das Ergebnis stark beeinflusst. Die gebeizten Formteile werden anschließend mit Edelmetall bekeimt und dann in ein chemisches Metallisierungsbad (Ni, Cu) getaucht, wobei sich (stromlos) eine leitfähige Schicht abscheidet. In den entstehenden Hohlräumen verankert sich die Metallschicht mechanisch, womit die notwendige hohe Haftfestigkeit der Schicht garantiert wird. Anschließend werden weitere Metallschichten galvanisch abgeschieden. Eine aus, unbedenklicheren, Chrom(III) - Verbindungen erzeugte Hart- bzw. Glanzchromschicht bildet oft den Abschluss.
Die in der bisher genutzten Chromschwefelsäure enthaltenen Cr(VI)-Verbindungen unterliegen EU-weit seit 2017 strengen Auflagen gem. Restriction of Hazardous Substances (RoHS)-Richtlinie und Alternativen sind dringend gesucht. Das in Entwicklung befindliche ForaSolv-Verfahren ermöglicht eine chemische und strukturelle Oberflächenmodifzierung, die auf Cr(VI)-Verbindungen verzichtet und dennoch sehr hohe Haftfestigkeiten erzielt.
Abbildung 1. Vorgänge beim ForaSolv-Prozess
A) Ausgangspunkt ist ein Partikel mit einem Opferkern und eine Hülle aus einem funktionellen und reaktiven Polymer.
B)
1. Die Partikel werden auf einem Spritzgießwerkzeug appliziert, z.B. durch Spray-Coating.
2. Beim Kontakt mit der Kunststoffschmelze werden (i) die Hülle chemisch an den Kunststoff gebunden und (ii) das Partikel an der Schmelzeoberfläche eingebettet.
3. Die Partikel werden im ersten Galvanik-Bad herausgelöst. Dabei entstehen Mikrokavitäten, deren innere Oberfläche gezielt chemisch modifiziert ist. Der weitere Ablauf entspricht grundsätzlich der üblichen Prozesskette.
4. Die Oberflächen werden mit Katalysatorkeimen ausgerüstet.
5. Eine erste Metallschicht wird chemisch abgeschieden. Danach erfolgt die Abscheidung weiterer Metallschichten.
C) Erzeugte Oberflächenstruktur (Beispiel)
Die Vorteile
- Nutzung hoher Prozessintegration
- Cr(VI)-frei und REACH-konform
- Größe und chemische Funktionalität der Kavitäten anpassbar
- Anwendbar auf beliebige Kunststoffe, nicht nur ABS
- Erzeugung von örtlicher Selektivität bei der Applikation realisierbar, kein 2K-Spritzgießen notwendig
- Einsparung vieler Bäder
- Kostengünstiger als Dichromat- und Alternativverfahren
Das Verfahren wird zur Zeit für die Industrie evaluiert.